Gennachweise für prämenstruelle Dysphorie (PMDD)
*Übersetzung: Judith Quijano
Im Laufe ihres Menstruationszyklus erleben Menschen positive und negative Veränderungen. Körperliche, psychische und emotionale Veränderungen werden im Zyklus durch die natürlichen Schwankungen von Hormonen wie Östrogen (Estradiol) und Progesteron bewirkt. Diese Hormone und insbesondere Progesteron werden in der Lutealphase bzw. in der zweiten Hälfte des Menstruationszyklus, in steigender Konzentration ausgeschüttet (1-3).
Bei Menschen mit schweren prämenstruellen Symptomen (also Symptomen, die das alltägliche Leben beeinträchtigen) kann ggf. prämenstruelle Dysphorie (PMDD) diagnostiziert werden (1-3). PMDD unterscheidet sich von anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der generalisierten Angststörung, da die Symptome direkt mit den Schwankungen der Reproduktionshormone in Verbindung stehen. Die Diagnose PMDD setzt voraus, dass entsprechende Symptome vorwiegend in der Lutealphase auftreten (1-3). Die Behandlung von PMDD beschränkt sich auf Arzneimittel, die entweder die Hormonausschüttung z. B. durch Ovulationshemmer beeinflussen oder die Symptome z. B. durch Antidepressiva (2,3) behandeln. Im weiteren Sinne wird PMDD mit einer Sensibilität für Reproduktionshormone in Verbindung gebracht, jedoch ist der Grund für diese Sensibilität noch unbekannt und die Frage, ob diese Hormonschwankungen die Ursache für PMDD sind, ist bis heute unbeantwortet (2,3).
Im Januar 2017 wurde in der medizinischen Fachzeitschrift Nature ein Artikel mit dem Titel "The ESC/E(Z) complex, an effector of response to ovarian steroids, manifests an intrinsic difference in cells from women with premenstrual dysphoric disorder" veröffentlicht. In dieser Studie untersuchten Forscher:innen, wie die Zellen von Personen mit und ohne PMDD (bzw. Kontrollpersonen) auf die Exposition mit Estradiol und Progesteron reagierten.
Kurz gesagt stellten die Forscher:innen fest, dass die Zellen der Teilnehmer:innen mit PMDD auf die Exposition gegenüber Estradiol und Progesteron anders als die der übrigen Kontrollpersonen reagierten (4). Das ist ein spannendes Ergebnis, da es die Annahme unterstützt, dass PMDD in direktem Zusammenhang mit dem genetischen Verhalten von Zellen steht.
Genauer gesagt prüften die Forscher:innen, ob sich die Anzahl mRNA und die Anzahl Proteinexpression bei den diagnostizierten Patienten und bei den Kontrollpersonen voneinander unterschieden. mRNA oder Boten-RNS ist ein Molekül, das Informationen aus der DNA im Zellkern in andere Teile der Zelle transportiert, um Proteine zu bauen. Durch das Erforschen der mRNA können Forscher:innen in Erfahrung bringen, welche Gene von der DNA gelesen werden. Wenn ein Gen in hoher Anzahl gelesen wird, kann dies eine hohe Proteinexpression bedeuten. Manchmal geschieht hingegen das Gegenteil und trotz der gelesenen Gene ist die Proteinexpression gering (4).
In dieser Studie arbeiteten die Forscher:innen rund 13000 Gene pro Teilnehmergruppe aus. Sie fanden heraus, dass Zellen, die Estradiol ausgesetzt waren, mehr als 1300 unterschiedlich exprimierte Gene hatten und dass die Zellen, die Progesteron ausgesetzt waren, 643 unterschiedlich exprimierte Gene hatten (4, Supplementary figures).
Die Forscher:innen interessierten sich insbesondere für eine Gruppe von 13 Genen (bzw. einen Genkomplex) mit dem Namen Extra Sex Combs/Enhancer of Zeste (ESC/E(Z)). Der Genkomplex ESC/E(Z) ist daher von Bedeutung, weil er mit wichtigen Hirnregionen, die die Stimmung beeinflussen, mit den Neurotransmittern Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und Serotonin, Schlaf, Stimmungsregulierung und Stress in Verbindung steht (4).
Forscher:innen fanden heraus, dass die mRNA-Werte bei 2 bis 4 ESC/E(Z)-Genen deutlich höher waren. Ein Großteil der Gene der PMDD-Teilnehmer:innen wies im Vergleich zu Kontrollpersonen nicht-signifikante höhere Expressionen auf (4). Auch wenn man erwartet hätte, dass höhere mRNA-Werte bei PMDD-Patient:innen mit höheren Proteinwerten einhergehen, war das Gegenteil der Fall: Diese Gene produzierten weniger Proteine (4).
Außerdem unterschied sich bei PMDD-Teilnehmer:innen und Kontrollpersonen die Genexpression in bestimmten ESC/E(Z)-Genen, die Progesteron und Estradiol ausgesetzt waren (4). Bei den Zellen der Kontrollpersonen wurde nach Exposition mit Progesteron ein starker Anstieg der 3 ESC/E(Z)-Genexpression festgestellt, während die Expression dieser drei Gene bei PMDD-Patient:innen unter denselben Bedingungen nicht signifikant variierte. Nach einer Exposition mit Estradiol sank in den Zellen von PMDD-Teilnehmer:innen die Expression eines der ESC/E(Z)-Gene, während sie in den Zellen der Kontrollpersonen nicht signifikant anstieg (4). Zwischen den Niveaus der Genexpression wurden auch weitere Unterschiede festgestellt, jedoch unabhängig von der Stimulation der Reproduktionshormone (4).
Des Weiteren führten die Forscher:innen eine Pathway Analysis oder Signalweg-Analyse durch. Signalweg-Analysen helfen dabei, Gengruppen zu identifizieren, die mit einem biologischen Prozess oder Vorgang wie z. B. einer Erkrankung in Verbindung stehen (5). Anhand der Signalweg-Analyse entdeckten Forscher:innen in dieser Studie, dass die Prozesse der ESC/E(Z)-Gene eng mit den Estradiol- und Progesteron-Prozessen zusammenhängen. Dabei wurde das spezifische ESC/E(Z)-Gen HDAC2 als besonders wichtig identifiziert, da es sowohl mit Reproduktionshormonen als auch mit der Mehrheit der ESC/E(Z)-Gene zusammenhängt. Es bedarf weiterer Forschung, um in Erfahrung zu bringen, ob eine Fehlfunktion des HDAC2-Gens direkt mit den kausalen Mechanismen von PMDD zusammenhängt, denn dies könnte eine bedeutende Relation zwischen PMDD-Symptomen und Reproduktionshormonen darstellen (4).
Zwar sind die Ergebnisse dieser Studie spannend, jedoch sind sie nicht endgültig. Es sind weitere Studien notwendig, um die Resultate zu bestätigen. Ein großes Problem mit dem Studienkonzept ist, dass die Art von Zellen, die von den Forscher:innen eingesetzt wurden, nicht mit den im Gehirn gefundenen Zellen übereinstimmen (4). Die Stichprobengröße war zudem klein und viele Experimente wurden an denselben Zellen durchgeführt. Somit ist es möglich, dass die Ergebnisse statistische Unfälle sind (4).
Ferner wären weitere Studien von Vorteil, da darin untersucht werden könnte, ob die beobachteten Veränderungen bei den PMDD-Teilnehmer:innen und Kontrollpersonen PMDD zur Folge haben oder durch PMDD bewirkt werden. Zudem wäre es insbesondere angesichts der Tatsache, dass Stress und Entzündungen mit PMDD zusammenhängen, interessant, zu untersuchen, wie andere Variablen wie Rauchen oder Ernährung diese Beziehung beeinflussen (2-4).
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