Die 3 größten PMS-Mythen
Symptome vs. Syndrom: Wir decken Irrglauben über Erfahrungen in der prämenstruellen Phase auf
*Übersetzung: Judith Quijano
Wenn du die drei Buchstaben P, M und S hörst, ist deine erste Reaktion vermutlich ein Wort mit vier Buchstaben. Die typische Wahrnehmung ist: Wenn du das prämenstruelle Syndrom (PMS) hast, fühlst du dich ein paar Tage im Monat aufgebläht und bist ein emotionales Wrack. Während das auf bestimmte Menschen zutrifft, deckt es nicht die ganze Bandbreite an prämenstruellen Erfahrungen ab – und PMS ist viel mehr als nur eine stereotype Reihe unangenehmer Symptome (1).
PMS ist ein kultureller Sammelbegriff für alles Mögliche – sei es, einen ganzen Eisbecher zu essen oder Frauen in Führungspositionen in Misskredit zu bringen. PMS wird zu viel Bedeutung beigemessen, um bestimmte Verhaltensweisen zu legitimieren und Menschen als Opfer ihrer Biologie darzustellen. In Wirklichkeit variiert die prämenstruelle Erfahrung dramatisch von Person zu Person und reicht von ein bis zwei milden Beschwerden bis zu schweren, fast lähmenden Symptomen.
Clue hat ein Tool erstellt, das Menschen dabei hilft, ihren Körper besser kennen zu lernen und Mythen und Irrtümer über den Menstruationszyklus aufzudecken. PMS ist eines der am häufigsten falsch ausgelegten Konzepte.
Sehen wir uns zunächst an, was mit PMS gemeint ist.
Was ist PMS wirklich?
PMS ist eine Reihe von physischen, Verhaltens- und emotionalen Veränderungen in der Zeit vor der Menstruation, die bei den meisten oder allen Menstruationszyklen auftreten und das normale Leben der betroffenen Person beeinträchtigen (2). Verschiedene medizinische Diagnosekriterien müssen für PMS erfüllt sein. Darunter fallen Symptome, die:
In den fünf Tagen vor Beginn der Menstruation und über mindestens drei Menstruationszyklen auftreten
Binnen vier Tagen nach Beginn der Perioden endenNorm
ale Aktivitäten beeinträchtigen (2)
Für eine klinische Diagnose von PMS wird dein ärztliches Fachpersonal die Anzahl, die Art und die Schwere deiner Symptome betrachten. Beachte dies, wenn du dich mit deinen prämenstruellen Symptomen auseinandersetzt und deine eigene Erfahrung einschätzt.
Mythos #1: Alle Frauen und Menschen, die menstruieren, haben PMS.
Dieser Mythos beruht auf dem weitverbreiteten Irrglauben, dass jegliche Symptome, die vor der Menstruation auftreten, direkt mit PMS zusammenhängen. In Wahrheit hat eine Person mit prämenstruellen Symptomen nicht unbedingt PMS.
Das prämenstruelle Syndrom ist eine medizinische Diagnose (ICD-10-N94.3) mehrerer Symptome, die sowohl emotionale als auch physische Beschwerden umfassen (3). Während manche Menschen leichte bis mittlere prämenstruelle Symptome aufweisen, diese jedoch keine erheblichen negativen Auswirkungen auf das Leben der Person haben, wird dies (aus medizinischer Perspektive) nicht als PMS gewertet (4).
Die gemeldeten PMS-Raten variieren derart stark, dass es beinahe unmöglich ist, die Zahl der von PMS Betroffenen mit Genauigkeit zu bestimmen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Bezeichnung PMS manchmal als Sammelbegriff für jegliche prämenstruelle Symptome und nicht infolge einer medizinischen Diagnose verwendet wird.
Viele Menschen, die den Begriff "PMS" zur Definition ihrer prämenstruellen Erfahrungen nutzen, beziehen sich auf eine Reihe individueller Symptome statt auf eine medizinische fundierte Diagnose. So müssen sich zum Beispiel Kopfschmerzen, die ein paar Tage vor der Menstruation auftreten, nicht unbedingt negativ auf den Alltag einer Person auswirken, auch wenn sie unangenehm sind. In diesem Fall sind die Kopfschmerzen ein leichtes prämenstruelles Symptom. Die wiederkehrende Erfahrung von Depression, Schlaflosigkeit und extremer Müdigkeit wiederum kann sich erheblich auf das Wohlbefinden einer Person auswirken, wodurch die Kriterien für PMS oder sogar prämenstruelle Dysphorie (PMDD) erfüllt sind (5).
Fakt #1: Das Erleben prämenstrueller Symptome ist nicht mit dem prämenstruellen Syndrom gleichzusetzen.
Mythos #2: In der prämenstruellen Phase dreht sich alles um schlechte Laune.
Die Wissenschaft weist entgegen der allgemeinen Annahme in Kultur, Gesellschaft und Medien darauf hin, dass prämenstruelle Erfahrungen nicht per se negativ für jeden Menschen sind. Kulturell und gesellschaftlich betrachtet ist es üblicher, lediglich die negativen prämenstruellen Erfahrungen zu teilen, jedoch wird die vollständige Erfahrung der prämenstruellen Phase dabei verfälscht – schließlich kann PMS auch positive Seiten haben (1).
Die aktuelle Forschung hat im Wesentlichen einen Zusammenhang zwischen negativen Stimmungen und biologischen Mechanismen wie Hormonschwankungen festgestellt (1). Ein Großteil der PMS-Forschung verweist auf eine lineare Beziehung zwischen Biologie und Verhalten und befasst sich nur unzureichend mit der echten PMS-Erfahrung in einem soziokulturellen Kontext (6).
Forscher weisen darauf hin, dass in zahlreichen PMS-Studien erhebliche methodische Fehler zu beklagen sind. So konnten beispielsweise Studienteilnehmer:innen in vielen Studien auf die Frage nach ihrem Gemütszustand aus einer Liste mit ausschließlich negativen Antworten auswählen. Wenn die Forschung sich jedoch alleinig mit negativen Stimmungen auseinandersetzt, ergibt dies kein akkurates Bild von PMS (1).
Weshalb ist die Assoziation von PMS und schlechter Laune in der prämenstruellen Phase trotz mangelnder klarer wissenschaftlicher Lage so allgegenwärtig? Die kulturelle Wahrnehmung von Menstruation spielt hier eine entscheidende Rolle. Menschen, die dahingehend sozialisiert sind, eine negative prämenstruelle Erfahrung zu erwarten, neigen häufiger dazu, von Problemen zu berichten. Dies wiederum trägt zu einer negativen Haltung gegenüber dem Zyklus bei (1).
PMS ist keine allgemeingültige Erfahrung, sondern vielmehr von gesellschaftlichen und kulturellen Überzeugungen geprägt, die die Wahrnehmung der Symptome beeinflussen.
Fakt #2: Schlechte Laune und prämenstruelle Erfahrungen gehen nicht bei jedem Menschen miteinander einher.
Mythos #3: Wenn du in deiner prämenstruellen Phase schlechte Laune hast, liegt das ausschließlich an Hormonschwankungen.
Hormone spielen im Menstruationszyklus eines Menschen eine entscheidende Rolle (7), sind jedoch nicht der einzige Grund für schlechte Laune in der prämenstruellen Phase. Die allgemeine psychische und physische Gesundheit beeinflusst den Gemütszustand stärker als die Phase des Menstruationszyklus.
Teilnehmer einer jüngeren Studie (7) hielten ihre tägliche Stimmung und Gesundheitsdaten über einen Zeitraum von sechs Monaten fest, um eine von Forschern häufig gestellte Annahme auf die Probe zu stellen, wonach die prämenstruelle Phase einer deprimierten, reizbaren Stimmung und Stimmungsschwankungen zugrunde liegt (8-11). In der Studie wurden über mehrere aufeinanderfolgende Menstruationszyklen sowohl positive als auch negative Stimmungen berücksichtigt. Außerdem wurden in jeder Zyklusphase (und nicht nur in der prämenstruellen Phase) Daten gesammelt.
Das Ergebnis war überraschend, denn die Daten unterstützten nicht die Annahme, dass in der prämenstruellen Phase schlechte Stimmung vorherrsche. Soziale Unterstützung, körperliche Gesundheit und wahrgenommener Stress waren für die tägliche Stimmung größere Einflussfaktoren als die Phase des Menstruationszyklus (12).
Dennoch könnte es richtig sein, dass Hormone für manche Menschen der Auslöser des prämenstruellen Syndroms sind. Niedrige Estradiol-Werte in der prämenstruellen Phase können zu niedrigen Serotonin-Werten und einer gedämpften Stimmung führen (13).
Fakt #3: Die körperliche und psychische Gesundheit beeinflussen deine tägliche Stimmung mehr als dein Menstruationszyklus.
Was ist PMDD?
Prämenstruelle Dysphorie oder PMDD ist ein neuerer medizinischer Begriff. PMDD ist wie PMS ein diagnostisches Label, das dann gegeben wird, wenn eine Person schwere prämenstruelle Symptome aufweist; jedoch handelt es sich hierbei eher um eine psychiatrische als um eine gynäkologische Diagnose. Die Diagnose PMDD setzt mindestens fünf Symptome während der Lutealphase voraus, die 5-7 Tage vor der Menstruation auftreten und sich binnen vier Tagen der Menstruation verbessern (14).
Bitte beachte: Ob es PMDD tatsächlich gibt, ist umstritten. Manche Forscher behaupten, dass die Einstufung einer schweren Form von PMS als psychiatrische Krankheit einen gefährlichen Präzedenzfall darstellt und dass PMDD kreiert wurde, um einen neuen pharmazeutischen Markt zu bedienen – als Sinnbild für die Übermedikalisierung der Reproduktionsbiologie von Frauen (15). Ganz unabhängig davon, wie wir diese extreme PMS-Form nennen – Studien schätzen, dass 2-8% der Menschen davon betroffen sind (14).
Was bedeutet PMS für dich?
Die Diagnose PMS erfolgt durch ärztliches Fachpersonal nach Untersuchung der Anzahl, der Art und der Schwere der prämenstruellen Symptome bei einer Person. Damit du dich mit medizinischem Fachpersonal über PMS austauschen kannst, ist es hilfreich, die Charakteristika deiner prämenstruellen Symptome vorab aufzuzeichnen und im Anschluss mitzuteilen. Indem du deinen Zyklus präzise in der Clue App trackst, kannst du nachvollziehen, wie du dich jeden Tag emotional und körperlich fühlst und ggf. dein Muster prämenstrueller Symptome erkennen.
Symptome tracken ist ein wertvolles Werkzeug, selbst wenn du nicht das Bedürfnis hast, mit deinem medizinischen Fachpersonal über PMS zu sprechen. Indem du dich mit deinem prämenstruellen Symptommuster vertraut machst, lernst du zu deuten, in welcher Phase deines Zyklus du dich befindest, kannst vorausplanen und unangenehmen Symptomen vorbeugen, Trigger erkennen, die Symptome verstärken und/oder Linderungsstrategien finden.
Achte beim Tracken deiner Symptome auf folgende Punkte:
Zeichne jeden Tag deine persönlichen Daten entsprechend deiner Erfahrung auf. (Das ist empfehlenswerter, als zu versuchen, dich daran zu erinnern, wie du dich vor einigen Tagen gefühlt hast, denn das kann weniger akkurat sein.)
Gib deine Daten über mehrere (nicht nur einen) vollständige Menstruationszyklen ein. Das wird dir dabei helfen, Zyklusvariationen zu erkennen.
Tracke deine Daten in jeder Zyklusphase, nicht nur in der prämenstruellen Phase. Wenn du deine Daten nur in einer Phase aufzeichnest, ist es nicht möglich, die Daten miteinander zu vergleichen und Unterschiede zwischen den Phasen festzustellen.
Halte sowohl positive als auch negative Symptome fest.
Trage auch deine Lebensumstände ein. Schließe auch Notizen zu Stress, Hautproblemen, Ernährung, Beziehungen und anderen wichtigen Faktoren mit ein, denn dein Zyklus ist nur einer von vielen Aspekten, die sich auf dein Wohlbefinden auswirken können (12).
Woher du weißt, dass du PMS hast
Nachdem du mehrere Datenzyklen aufgezeichnet hast, ist die Zeit für die Auswertung gekommen. Hier ein paar grundlegende Schritte:
Visualisiere deine prämenstruelle Phase und zähle 14 Tage vor Beginn jeder Periode zurück. Diese Zeitspanne vom Eisprung bis zum Beginn deiner Menstruation ist ungefähr deine Lutealphase. Clue wird diese Phase für dich feststellen.
Halte nach Mustern Ausschau: Treten bestimmte Symptome regelmäßig in der prämenstruellen Phase auf? Oder finden sie sich in deinem gesamten Zyklus verteilt wieder? Du wirst vielleicht überrascht sein, wenn du feststellst, dass Verstopfung oder Stimmungsschwankungen während deines gesamten Zyklus auftreten, obwohl du dachtest, es handle sich um prämenstruelle Symptome.
Die Schwere einschätzen: Sind manche Symptome so schwer, dass sie dein Leben auf irgendeine Weise beeinträchtigen? Wenn du aufgrund deiner Symptome nicht zur Arbeit oder Schule gehst, kann das ein Anzeichen für eine mittlere/schwere Form von PMS sein.
Tracke deine prämenstruellen Symptome mit Clue und verschaffe dir einen Überblick über deine Zyklusgesundheit. Das Sammeln dieser wertvollen Informationen an einer Stelle hilft dir dabei, bessere Entscheidungen über deine Gesundheit zu treffen. Solltest du dir Gedanken machen, wie PMS sich bei dir auswirkt und was du dagegen tun kannst, suche dein ärztliches Fachpersonal auf.